03.04.2023 – News – Zeit Online – Albert Koch — – Details
Ryuichi Sakamoto
Ryuichi Sakamoto komponierte Soundtracks und Opern, moderne Klassik und Popsongs. Sein Einfluss auf die elektronische Musik ist unmöglich zu überschätzen. Ein Nachruf — In dem Dokumentarfilm Ryuichi Sakamoto: Coda von 2017 erzählt der japanische Komponist, Pianist, Produzent und Schauspieler, wie er nach einer überstandenen Krebserkrankung wieder an die Arbeit gegangen ist. Die Ärzte hatten ihm geraten, sich zu schonen, deshalb habe er sich zunächst auf acht Stunden Musikmachen am Tag beschränkt. Sakamoto war also ein Arbeitstier, strahlte dabei jedoch die innere Ruhe eines buddhistischen Mönchs aus. Als Mensch, der die Welt, die Kunst und die Natur ganzheitlich dachte, war er aktiv in der japanischen Antiatomkraftbewegung und trat ein für eine Zivilisation, die wieder mehr Wert auf die Bedürfnisse der Menschen legen sollte. Die schönste Installation, sagte Sakamoto einmal, sei das Geräusch von fallendem Regen. Naturgeräusche flossen in die Musik seiner Spätphase ein, sie kam mit weniger Tönen aus als das Frühwerk, machte die Klangräume aber weit auf.
Viele kennen Sakamotos Musik, seinen Namen jedoch nur wenige. Soundtracks für Erfolgsfilme wie Der letzte Kaiser und Little Buddha hat der Künstler geschrieben, für Fernsehserien wie Black Mirror und für die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Barcelona, die 1992 im Fernsehen weltweit von mehr als einer Milliarde Menschen gesehen wurde. Doch es wäre falsch, Sakamotos Arbeit auf die Begleitmusik für Blockbuster und globale Massenevents zu reduzieren. — Sakamoto war ein unermüdlicher Klangforscher, immer an der Schöpfung von etwas Neuem interessiert, den Blick in den Rückspiegel verweigerte er. Mit seiner Band Yellow Magic Orchestra und als Solokünstler changierte er in mehr als vier Jahrzehnten zwischen Pop- und sogenannter Hochkultur, sprang zwischen den Genres hin und her und schuf auf diese Art ein einmaliges Werk, dessen Einfluss vor allem auf die elektronische Musik man gar nicht hoch genug einschätzen kann.
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