24.03.2023 – Spielräume – Ö1 – Michael Freund, Johann Kneihs — – Details
Jerry Leiber & Mike Stoller
Elvis Presley, Perry Como, Ben E. King, die Drifters, die Coasters – sie alle waren bekannter als das Songwriter-Duo, das sie berühmt gemacht hat. Den Texten von Jerry Leiber und den Melodien von Mike Stoller verdankte allein der King of Rock›n›Roll zwei Dutzend Hits, darunter einige seiner erfolgreichsten. Die Beatles hatten ihre Nummern im Repertoire der Anfangszeit, so wie praktisch jede Rock›n›Roll-Band seither. Jerome Leiber (25. 4. 1933 – 22. 8. 2011) und Michael Stoller (* 13. 3. 1933) kommen beide aus liberalen jüdischen Familien, Leiber aus Baltimore, Stoller aus New York. Die Familien ziehen in die aufkeimende Musikmetropole Los Angeles. Leiber und Stoller sind 17, als sie einander dort treffen, beide vom Blues- und Boogie-Woogie-Fieber angesteckt: «Wir fanden die weiße Musik, diese Schlager der Tin Pan Alley langweilig. Aber wir liebten die Musik der Schwarzen«, so Mike Stoller. So schreiben sie in einer Zeit nach «Rasse» getrennter Märkte zunächst «schwarze» Musik für ein schwarzes Publikum. «Hound Dog» wird 1953 mit 500.000 verkauften Platten zum größten Hit der Blues-Sängerin Big Mama Thornton – und 1956 der noch weit größere für Elvis Presley, bis heute geschätzte zehn Millionen Mal verkauft. (Sie selbst finden die erste Fassung weiterhin die bessere.) Leiber & Stoller haben den Rock›n›Roll nicht erfunden – aber er wird zum perfekten Vehikel für ihre Song-Ideen. Witz und Humor sind ihr Markenzeichen, wenn sie das ewige Thema Nummer eins der Popmusik behandeln: die Hoffnung auf und die Suche nach Liebe sowie deren Preis, zu entrichten an eifersüchtige Väter oder kalkulierende Partnerinnen. Das Duo schafft den Soundtrack zum sich entfaltenden Wohlstand der Nachkriegsjahre, aber auch zu Konflikten mit Gesetz und Polizei, selbst zum Leben im Gefängnis – nicht nur in ihrem «Jailhouse Rock«. Ihr Werk ist damit ein Kaleidoskop amerikanischer Kulturgeschichte der Nachkriegszeit. Neben immergrünen Rock›n›Roll-Standards hinterlassen Leiber & Stoller zarte R›n›B-Balladen und Country-Nummern; neben Erzählungen über Ereignisse im Licht gedämpfter Lampen auch den Gospelsong «Saved» über eine Bekehrung zum rechtschaffenen Leben. Über 70 Hits landen die beiden, den Löwenanteil im Jahrzehnt von 1952 bis 1963. Die musikalischen Revolutionen der 1960er Jahre überstehen sie nur bedingt – oder wollen daran nicht teilhaben: Zur Mitte der Dekade starten sie eine zweite Karriere als Label-Betreiber, produzieren Girl Bands wie die Dixie Cups oder die Shangri-Las und publizieren Autoren wie Burt Bacharach oder Barry Mann. «Selber wollten wir weiter für unsere eigene Altersgruppe schreiben, anspruchsvollere Lieder wie «Is That All There Is» für Peggy Lee«, erklären sie rückblickend dem «Spiegel«. Ihr Musical «Smokey Joe›s Café» wurde ab 1995 zur meistgespielten musikalischen Revue am Broadway, mit einer Neuproduktion 2018 und 2021 in London. Eine Hommage und ein Rückblick auf das Duo hinter den Kulissen der US-Popmusik.Gestaltung: Michael Freund, Johann Kneihs
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