01.03.2023 – Spielräume – Ö1 – Johann Kneihs — – Details
Silent Tears
Achtzig Jahre nach dem Holocaust: Das Album «Silent Tears» — Musiker:innen in Kanada vertonen Texte aus dem Holocaust: Gedichte und Tagebuch-Eintragungen von Frauen und Mädchen, verfasst im Polen der 1940er Jahre. Eine der Autorinnen ist Molly Applebaum. Sie hat die deutsche Besatzung mit ihrer Kusine Helen in einer vergrabenen Kiste überlebt, unter dem Boden einer Scheune eines Bauernhauses. Heute lebt Applebaum 92-jährig in Kanada. Ihre Memoiren «Buried Words» wurden ausgezeichnet und werden in Kanada im Unterricht über den Holocaust eingesetzt. — Das aktuelle Album «Silent Tears. The Last Yiddish Tango» des Payadora Tango Ensemble wurde von Dan Rosenberg initiiert und verwirklicht. 2017 hatte der Musikjournalist «Yiddish Glory» produziert: Lieder, die während des Zweiten Weltkriegs in der Ukraine gesammelt wurden. Das damals beteiligte Ensemble gastierte 2019 in Österreich beim Festival Glatt & Verkehrt. Standen bei «Yiddish Glory» Kampfgeist, Zorn und trotziger Humor im Mittelpunkt, so ist es bei «Silent Tears» die Trauer. Die Schönheit der Musik kontrastiert dabei schmerzvoll mit dem Inhalt der Lieder. — Warum Tango? In der Zwischenkriegszeit war diese Musik in Polen äußerst populär, Warschau eine europäische Tango-Metropole – und die Welthauptstadt des jiddischen Tangos. Kompositionen jener Ära, von Artur Gold und Oscar Strock, sind auf «Silent Tears» ebenso zu hören wie Neukompositionen der kanadischen Violinistin Rebekah Wolkstein. — «Wir haben den Stil polnischer Tangos aus den 1930er Jahren gewählt, weil die Frauen, deren Geschichten wir weitererzählen, in dieser Zeit aufgewachsen sind. Tragischerweise konnten sie aber nicht dazu tanzen, denn sie verbrachten ihre Kindheit auf der Flucht, in Verstecken und Konzentrationslagern», schreiben die Musiker:innen im Booklet des Albums «Silent Tears».
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