12.02.2023 – Milestones – Ö1 – Details
Annette Peacock
Das 1978 beim britischen Label Aura veröffentlichte Album «X-Dreams» der US-amerikanischen Pianistin, Singer/Songwriterin, Komponistin und Produzentin Annette Peacock untermauert ihren Ruf als Pionierin in der Welt zeitgenössischer Improvisationsmusik. Und bis heute gilt die Arbeit als faszinierendes ästhetisches Gesamterlebnis: «X-Dreams» ist eine Erforschung der vielschichtigen psychologischen Dynamik in Mann-Frau-Beziehungen aus der Perspektive einer heterosexuellen Frau. Das Album ist zudem eine Suche nach Erkenntnis, ein Versuch, die gegensätzlichen Kräfte aufzulösen, welche das Verhältnis zwischen Frau und Mann prägen – in dem sie für unwiderstehliche Anziehung wie auch für Desillusion sorgen. — «Die Idee bei ,X-Dreams› war, die LP wie eine Single anzugehen, als ob jede Seite ein Stück wäre. Die A-Seite sehr hart und aggressiv, und die B-Seite sehr romantisch und irgendwie süß», äußert sich Annette Peacock zum Album im Interview mit dem britischen Musikkulturmagazin The Quietus. — Während das für die vorherrschende musikalische Stimmung auf jeder Seite zutrifft, bleiben ihre Texte doppeldeutig, unaufgelöst. Von «My Mama Never Taught Me How To Cook», dem Opener des Albums, einem leisen Blues/Funk-Stück, das den möglichen sexuellen Missbrauch durch ein männliches Familienmitglied anspricht, reicht das inhaltliche Spektrum auf Seite A bis zu «Real & Defined Androgens»: Hier erzählt Annette Peacock in mitunter schwer erträglicher Detailliertheit von einem Pornoheft-stimulierten, männlichen Masturbationsakt.
Im Zuge der Musik auf der B-Seite erforscht Annette Peacock ihre eigenen widersprüchlichen Gefühle betreffend die Liebe, ohne dabei die Herausforderungen zu ignorieren, die sich durch unsichere Männer ergäben, die versuchten, «echte Männer zu sein». — «X-Dreams» wurde in London mit insgesamt 22 britischen Musikern aufgenommen, darunter Mick Ronson an der Gitarre und Bill Bruford am Schlagzeug. Und mit einer unverwechselbaren Annette Peacock als Sängerin, Komponistin und Produzentin. Peacocks zweites Album unter eigenem Namen gilt bis heute als Jazz-Rock-Glanzstück.
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