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Wenn Dylan nicht über Frauen redet, reden Frauen über Dylan

15.11.2022KlangkunstWDR 3Diviam Hoffmann —   –  Details

Bob Dylan

«Die Philosophie des modernen Songs» – so heißt das neue Buch von Bob Dylan. Faszinierende Geschichten, wilde Assoziationen, verwegene Vergleiche. Kleiner Haken: Von 66 Songs werden ganze 4 (!) von Frauen gesungen. Think twice, it´s not alright. — Nicht weniger als «Die Philosophie des modernen Songs» soll es werden, das neue Buch von Bob Dylan. Dafür hat er sich 66 große (Strangers in the night, Tutti Frutti, My Generation) und kleinere (London Calling, I got a woman, Mack The Knife) Klassiker aus dem angloamerikanische Pop-Kosmos des 20.Jahrhunderts vorgenommen. Diesen Songs widmet sich Dylan weniger analytisch und schon gar nicht methodisch, sondern überläßt sich und uns seinem angenehm unberechenbaren Stream of Concsciousness, was schon mal zu einer blutrünstigen Suada gegen die Berufsgruppe der Scheidungsanwälte führen kann (und einem halbironischen Loblied auf die Polygamie). Oder zu einer lustigen Liste von Songs über Narren. Die Kritik ist begeistert, wobei etwa Harry Nutt in der Frankfurter Rundschau über «mysogynen Humor» stolpert, nichts Neues bei Dylan Auch nicht neu aber doch frappierend: Seine Chuzpe. Ganze vier der 66 Songs aus dem Dylan-Olymp werden von Frauen gesungen, alle vier geschrieben von Männern. Die pawlowsche Empörung über dieses groteske Mismatch hat Dylan natürlich auf der Rechnung, er quittiert sie mit einem Lächeln. Und wir spielen sein Spiel mit und sagen: Think twice, it´s not alright. Wenn Dylan nicht über Frauen redet, reden Frauen über Dylan. Christiane Rösinger spricht über Dylans Mundharmonikasadismus, Stella Sommer erklärt, warum sie sich Dylan manchmal vom Leib halten muss, Gudrun Gut dreht Dylanspieße um, Anika transportiert ihn in die Gegenwart. Die Philosophie des modernen Songs, re-written in Ex & Pop. Heute ohne: Bob Dylans Stimme.

 
 

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