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Ein Friedensengel und ‹Mann des Systems›

30.08.2022NewsFAZ onlineFriedrich Schmidt —   –  Details

Michail Gorbatschow (1991)

Mit 91 Jahren gestorben — Im Westen war und bleibt Michail Gorbatschow immer «Gorbi»: ein Friedensengel, der half, das Wettrüsten zu beenden und die in der DDR stationierten Soldaten in den Kasernen ließ, als das Volk auf die Straße ging. In Russland wirft man Gorbatschow vor, das Imperium verspielt zu haben. Dabei wollte er die Sowjetunion bewahren. Der «Mann des Systems», als der er sich bezeichnete, scheiterte selbst am System. — Gorbatschow, der am 2. März 1931 im nordkaukasischen Gebiet Stawropol geboren wurde, trat mit 19 Jahren in die Kommunistische Partei ein. Er studierte Jura in Moskau, kehrte nach Stawropol zurück und machte Karriere in der Partei. Am 11. März 1985 wurde Gorbatschow, der damals seit fünf Jahren Mitglied des Politbüros war, mit 54 Jahren Generalsekretär der Partei. Er pflegte einen offenen Umgangsstil, wurde beliebt, war ein Symbol der Hoffnung. Schon im Oktober 1985 stellte Gorbatschow sein Programm eines Umbaus («Perestrojka») vor: Eigeninitiative sollte gefördert, die Produktion mehr an der Nachfrage ausgerichtet werden.

 

Rücktritt— Im August 1991 versuchten Gegner der Gorbatschowschen Reformen gegen ihn zu putschen. In Moskau und Leningrad (heute Sankt Petersburg) versuchten sie, die Macht an sich zu reißen. Der Putsch misslang – auch dank der harten Haltung des Präsidenten der russischen Sowjetrepublik Boris Jelzin. Doch nach dem Ende des Putsches war die Souveränität der Organe der Sowjetunion so weit unterhöhlt, dass sie kaum noch handlungsfähig waren. Ein Vertrag über die Schaffung der «Gemeinschaft Unabhängiger Staaten» zwischen Russland, Weißrussland und der Ukraine mit dem gleichzeitigen Austritt der drei Staaten aus der UdSSR im Dezember 1991 versetzte ihr den Todesstoß. Gorbatschow war Präsident eines Landes, das es nicht mehr gab. In seiner Abschiedsrede im Fernsehen am 25. Dezember warnte er davor, die Zeit zurück zu drehen: «Es ist lebenswichtig, die demokratischen Errungenschaften der Perestrojka zu bewahren. Von diesen Errungenschaften dürfen wir uns unter keinerlei Umständen und Vorwänden abwenden. Andernfalls sind alle Hoffnungen auf eine bessere Zukunft zunichte.»

 
 

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