28.10.2019 – News – Spiegel Online – Franziska Wolffheim — – Details
Annie Ernaux
Dass Eltern für ihre Kinder schuften, damit diese es besser haben, ist ein bekanntes Motiv. Selten aber wurde es so schnörkellos und zärtlich aufgeschrieben wie in Annie Ernaux› ambivalenter Mutter-Tochter-Geschichte. — Sie hat ihren Kulturbeutel immer dabei und gerät in Panik, wenn er wieder einmal verschwunden ist. Sie näht Tücher mit schiefen Nähten zusammen. Sie spricht die eigene Tochter mit «Madame» an, gibt sich höflich und weltgewandt. Meist jedoch ist sie voller Wut und Misstrauen. Eine alte Frau, hilflos und dement, so ganz anders als die starke, strahlende Frau, die die Tochter in Erinnerung hat. «Ich wollte nicht, dass sie wieder ein kleines Mädchen wurde, das ›durfte› sie nicht.» 1986 ist Annie Ernaux› Mutter gestorben.
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