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Acrylstraßen und neonfarbene Landschaften aus Thermoplast

05.07.2022open: DiskursWDR 3Diviam Hoffmann —   –  Details

X-Ray Spex

Künstlichkeit, Plastizität und ihre «Identity» als Schwarze Frau im Punk – darüber sang Marianne Joan Elliot-Said alias Poly Styrene mit X-Ray Spex. Am 3. Juli wäre sie 65 geworden. Ihre Geschichte und einige weitere aus der Reihe «These Girls». — «So etwas hatte ich noch nie gesehen.» Viele Texte in den Sammelbänden «These Girls» und «These Girls, Too» beschreiben einen Moment, in dem sich die Weltsicht einer Hörerin ganz fundamental geändert hat. Auslöser dessen sind Künstler*innen, die von der Norm abweichen, Frauen am Mikrofon, an den Instrumenten, Künstler*innen mit Ideen und Geschichten, die andere prägen. So ging es Sibel Schick, als sie das erste Mal Özlem Tekin gesehen hat: «Eine tätowierte Frau mit ungekämmten, schwarzen Haaren mit Sidecut und komplett schwarzer Kleidung singt und schreit in Begleitung chromatischer Bass-Melodien und kraftvoller Drumbeats über ihre Reue darüber, betrogen zu haben. Es war bezaubernd.» – Ihr Künstlerinnenname sollte eine Übertreibung dessen sein, was es bedeutet, ein Popstar zu sein. «Künstlich, wegwerfbar sollen [sie] sein, also dachte ich, ich treibe das noch weiter», sagte Poly Styrene, die sich nach einem amorphen oder teilkristallinen Thermoplast benannt hat – besser bekannt als Styropor. Mit ihrer Band X-Ray Spex stellte sie sich eine Welt mit Schwimmbecken voll Kunstschnee, Acrylstraßen und neonfarbenen Landschaften aus Thermoplast vor. Und sang schon 1978 über ihre «Identity» als Schwarze Frau im Punk und als Frau in der Konsumgesellschaft. «In bester Punkmanier […] ist hier alles Kunst(-stoff) und Illusion und Zukunft», schrieb die Berliner Musikerin Jana Sotzko schon 2019 in «These Girls» (Band 1) über Poly Styrene. Am 3. Juli 1957 wurde Styrene als Marianne Joan Elliot-Said geboren. 2011 ist sie schon gestorben, dieser Tage wäre sie 65 geworden.

 
 

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