Absolute Katastrophe / Historikerin warnt nach Trump-Anweisung vor ‹Parallelen zu 1930er-Jahren›

21.03.2025NewsSüddeutsche ZeitungSophia Sichtermann —   –  Details

Andrea Löw

Donald Trump hat das Löschen von zehntausenden Dokumenten angeordnet. Eine Historikerin erklärt das dramatische Ausmaß. — Im Rahmen einer großen Inszenierung hat US-Präsident Donald Trump am Donnerstag (20. März) ein Dekret zur Auflösung des Bildungsministeriums unterzeichnet. Mit der Anordnung soll die Entscheidungshoheit bei Bildungsfragen an die einzelnen Staaten gehen. Diese Maßnahme reiht sich in mehrere Einschränkungen der Wissensfreiheit ein, die die Regierung vorantreibt. «Eine Zensur in der Bildung und Forschung ist schon auf dem Weg», sagt die Historikerin Andrea Löw BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Einige US-amerikanische Wissenschaftler hätten ihr von E-Mails erzählt, «in denen ihnen nahegelegt wird, eine Abfindung zu akzeptieren und mit ihrer Arbeit aufzuhören.» — Die geplante Auflösung des Bildungsministeriums ist nicht der einzige Eingriff Trumps in Institutionen, die Wissen und Geschichte bewahren. Kürzlich hatte eine andere Anordnung für Empörung gesorgt: Das US-Militär wurde angewiesen, zehntausende Aufnahmen von seiner Webseite und den Social-Media-Kanälen zu löschen. Der Inhalt: Frauen, Transpersonen, Schwarze Soldaten sowie weitere People of Color. Mehr als 26.000 Bilder sind zur Löschung vorgemerkt, insgesamt könnten jedoch bis zu 100.000 Aufnahmen und Dokumente entfernt werden. «Vielfalt im Militär passt nicht ins einheitliche, weiße Amerika Trumps», erklärt die Historikerin. Das Tilgen von Diversität im Militär sei «sehr symbolisch»: «‹Woke Gestalten‹ gehören nicht dazu. Alle, die nicht in das nationale Denken passen, sollen nicht mehr vorkommen.»

Löschen von Militärbildern: Historikerin sieht besorgniserregende Parallelen «Die Löschung von Dokumenten und Quellen ist eine absolute Katastrophe», sagt Löw, die das Zentrum für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte in München leitet. Auch im Nationalsozialismus sei versucht worden, die Erinnerung an einzelne Menschen sowie ganze Gruppen zu tilgen. «Das Bestreben von nationalistischen Regimen, Geschichte in ihrem Sinne schreiben zu wollen, sehen wir häufig», erklärt die Expertin. Es gebe «tatsächlich gerade historische Parallelen zu den 1930er Jahren, die mich sehr verstören», sagt die Historikerin. Dabei betont sie, dass es den Vergleich mit der NS-Zeit nicht einmal brauche, da es «schlimm genug» sei, was gerade in den USA geschehe. «Wir müssen die Quellen sichern, bevor es zu spät ist», mahnt Löw. — Geschichte werde immer von Siegern geschrieben und diejenigen, die im System unterdrückt werden, kämpften dagegen an. Bemühungen von Verfolgten, ihre Geschichte zu dokumentieren, gab es bereits im Nationalsozialismus. Doch auch heute sei das Bewahren von Erinnerungen unerlässlich: Seit Februar 2022 werden in der Ukraine Interviews geführt und es wird dokumentiert, was dort geschieht, «damit sich am Ende nicht das russische Narrativ über diesen Krieg durchsetzt». (…)

Historikerin: Sollten ernst nehmen, was Rechtsradikale ankündigen Das alles zeige, «wie ernst wir es nehmen sollten, wenn Rechtsradikale ankündigen, was sie machen werden, wenn sie an die Macht kommen», sagt Löw BuzzFeed News Deutschland. Der US-Präsident erlässt ein umstrittenes Dekret nach dem anderen, und das in «erschreckendem Tempo.» Das Löschen von Bildern und Dokumenten sei dabei nur ein Baustein von vielen. — Sie mahnt: «Es wird eben doch so schlimm, wenn jemand an die Macht kommt, der vorher schon Zerstörung angekündigt hat. Diese Warnung aus der Geschichte sollten wir mitnehmen.» Auch in vielen deutschen Medien sei Trump nicht ernst genug genommen worden, kritisiert die Expertin. «Das Beispiel USA sollte uns lehren, genau hinzuhören. Und rechtzeitig dagegen anzugehen.»

 
 

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