Eine beispiellose Abrechnung mit Europa / US-Vize Vance in München

14.02.2025NewsARD TagesschauJasper Ruppert —   –  Details

J.D. Vance

Es war eine Rede, die die transatlantischen Partner schockiert hat: US-Vizepräsident Vance hat den Europäern mangelndes Demokratieverständnis vorgeworfen – und belegte das mit fragwürdigen Beispielen. — «Ich hoffe, dass das nicht der letzte Applaus für mich heute war», sagt US-Vizepräsident J.D. Vance zu Beginn. Gerade hat er sein Mitgefühl für die Opfer des gestrigen Anschlags von München ausgedrückt und dafür Beifall erhalten. Doch dieser Moment war tatsächlich der Höhepunkt der positiven Rückmeldung des Publikums im Bayerischen Hof. Selten gab es vor einer Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz so hohe Erwartungen und auch große Befürchtungen. Jeder Platz im Saal ist besetzt, an den Seiten stehen zahlreiche Menschen dicht gedrängt.Er werde vermutlich einen Groß-Abzug von US-Truppen aus Europa verkünden, glaubte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen. CDU-Chef Friedrich Merz erwartet eine «brutal harte Ansage». Die kam auch, allerdings nicht wie von vielen erwartet.

»Was ist mit den Gewinnern des Kalten Kriegs passiert?»Sicherheitspolitik, den Krieg in der Ukraine, das transatlantische Verhältnis – all das streifte Vance nur am Rande. «Die Gefahr, die ich in Europa am größten sehe, ist nicht Russland oder China oder ein anderer externer Akteur.» Die größte Gefahr liege im Inneren. Es folgt ein fast halbstündiger Vortrag, indem Vance den Europäern ein verkommenes Demokratieverständnis vorwarf.»Wenn ich mich in Europa umschaue, frage ich mich, was mit den Gewinnern des Kalten Kriegs passiert ist», so Vance. Er zählt mehrere vermeintliche Beispiele auf: die annullierte Wahl in Rumänien oder Durchsuchungen nach Online-Hass-Kommentaren in Deutschland. In England sei ein Abtreibungsgegner angezeigt worden, nur weil er seine Meinung geäußert habe.Es folgen Fälle aus Schottland und Schweden, in denen die Meinungs- und/oder Religionsfreiheit eingeschränkt worden sein soll.

Irritiertes Publikum in MünchenJa, Europa müsse mehr für die Verteidigung tun, sagt er an einer Stelle. Aber Europa müsse vor allem Zensur bekämpfen, die unliebsame Stimmen zum Schweigen bringen würde. Trump und er stünden dafür, dass jeder seine Meinung kundtun dürfe. Hier gibt es noch mal einen kurzen Applaus.Als er kurz danach noch mal auf Rumänien zu sprechen kommt und sinngemäß sagt: Wenn eine Social-Media-Kampagne so sehr die Wahlen beeinflusse, dann sei es schlicht nicht gut um die Demokratie dort bestellt – an dieser Stelle sind es genau noch drei Leute im Publikum, die das mit Beifall quittieren. Das Murmeln wird indes immer lauter, vereinzelt ist Kopfschütteln im Saal zu sehen. Zwischendurch ruft jemand aus dem Publikum etwas Richtung Vance – was er sagt, ist nicht zu verstehen.

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