03.02.2025 – News – Zeit Online – Jens Mühling — – Details
Zwei Lieferdienstfahrer
Im Westen hat der Erfolg des chinesischen KI-Start-ups DeepSeek viele überrascht. Das sagt womöglich mehr über unseren Blick auf China aus als über China selbst. — Zwei Lieferdienstfahrer warten im chinesischen Chongqing auf Aufträge. In Sachen digitaler Lebensqualität ist China dem Rest der Welt inzwischen ein paar Entwicklungsrunden voraus.
Wer hätte das gedacht? Ein chinesisches Start-up, dessen Namen im Westen bis Anfang der Woche kaum jemand gekannt hat, setzt sich quasi aus dem Nichts an die Spitze der künstlich intelligenten Sprachmodelle. DeepSeek? Auf den Bürofluren der US-Techkonzerne, deren Börsenkurse der chinesische Überraschungskonkurrent auf Talfahrt gebracht hat, dürfte der Name nun mit Ehrfurcht ausgesprochen werden.
Wie überraschend aber ist die Entwicklung wirklich? Es ist nicht das erste Mal, dass Chinas Hochtechnologiesektor mit innovativen Produkten die Welt erobert – man denke an den globalen Siegeszug von TikTok oder die schwindelerregende Markteroberung chinesischer Elektroautos. Und wer in den vergangenen zehn Jahren in China war, dem konnte kaum verborgen bleiben, dass in der Volksrepublik inzwischen so ziemlich jeder Alltagsbereich durchdigitalisiert ist, in einer Konsequenz und Vehemenz, die Europäerinnen und Europäer oft geradezu überrumpelt.» — Auch weil Chinas Parteiführung im Hochtechnologiebereich äußerst ehrgeizige Ziele verfolgt und besonders die Entwicklung von künstlicher Intelligenz fördert. War es also nicht nur eine Frage der Zeit, bis China ein international beachteter KI-Durchbruch gelingen würde, allen US-Sanktionen zum Trotz? Sagt das westliche Erstaunen über den DeepSeek-Erfolg womöglich mehr über unseren Blick auf China aus als über China selbst?
Hinter Chinas Erfolg steckt nicht nur patriotischer EiferEs wäre ja auch nicht das erste Mal, dass westliche Konzerne ihre chinesischen Konkurrenten schlicht unterschätzen. Vor allem die Autobauer, allen voran die deutschen, bezahlen dafür inzwischen einen hohen Preis. Zu lange glaubten sie, dass ihre erprobten Strategien ihnen in der Volksrepublik weiter beste Profite sichern würden – und übersahen, dass China nicht stillstand. Die Partei erkannte früh das industriepolitische Potenzial der Elektromobilität und förderte sie gezielt, mit breiten Kaufanreizen für Konsumenten und Subventionen für Hersteller. In wenigen Jahren formierte sich so ein Automarkt, mit dessen Innovationstempo die westliche Konkurrenz seit einigen Jahren kaum mehr Schritt hält. Im Ergebnis dominiert China heute den globalen Export von Elektroautos – und unter den vollvernetzten Super-EVs auf den Straßen von Shanghai und Peking wirken selbst Teslas inzwischen angejahrt und überholt. (…)
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