Henry Hübchen: Aus deutschen Wohlstandssesseln heraus einen Krieg zu befeuern, ist obszön

22.01.2025NewsBerliner ZeitungUlrich Seidler —   –  Details

Henry Hübchen

Der Volksbühnenstar vergangener Tage reüssiert einmal mehr als Stasioffizier. Er ist ein «James Bond der DDR» in der Kinokomödie «Kundschafter des Friedens 2». Ein Verhör zum Film. — Ungezählt die glücklichen Stunden, in denen Henry Hübchen das Publikum der Volksbühne im Griff hatte, als Teufel, Gorilla, Suffkopp, Klassenkämpfer oder Marcello Mastroianni in Inszenierungen von Frank Castorf. Seit mehr als zehn Jahren ist er auf der Bühne nicht mehr zu sehen, und wir müssen vorliebnehmen mit seinen Auftritten in Film und Fernsehen. Manchmal auch in Talkformaten, wo er mit seiner Widerborstigkeit den Konsens strapaziert und dabei seinen Humor schnell in Ernst kippen lassen kann – und wieder zurück. So auch in diesem Interview. Anlass ist die Robert-Thalheim-Komödie «Kundschafter des Friedens 2», in der er an der Seite von Corinna Harfouch einmal mehr den «James Bond der DDR» gibt.

Herr Hübchen, Sie spielen einen Geheimagenten. Ist es in Ordnung, wenn trotzdem ich es bin, der hier die Fragen stellt? — Das können Sie gern versuchen. Ich werde sehr einsilbig antworten. Ein Tschekist schwelgt in Erinnerungen, aber er kann schweigen.

Darf ich Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen? 1. Juli 2017, Sie und Ihre Kollegen Milan Peschel, Martin Wuttke und Alexander Scheer singen auf den Stufen der Volksbühne zum Abschied von Frank Castorf Rio Reisers «Für immer und dich». Und dann kommt Klaus Lederer dazu und stimmt ein. Wie erinnern Sie sich an den Moment? — Das Wetter war mies.

Henry Hübchen ist gebürtiger Charlottenburger, Jahrgang 47, wuchs in Ost-Berlin auf, feierte Erfolge als Kinderdarsteller, brach ein Physikstudium ab und absolvierte 1970 die Schauspielschule Ernst Busch.

— – Benno Besson holte ihn 1974 an die Volksbühne, zu deren Ensemble er bis 2002 gehörte und wo er noch bis 2008 spielte. Seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur und Intendanten Frank Castorf ist Theatergeschichte. — Seine Filmkarriere, die mit einem Auftritt in «Die Söhne der großen Bärin» begann, führte ihn durch alle Genres, von der Klamotte über den Kinderfilm bis zum Autorenkunstwerk. Hier trug vor allem die Zusammenarbeit mit Leander Haußmann große Früchte, zuerst in «Sonnenallee» (1999), zuletzt in «Stasikomödie» (2022). — Seine politische Haltung markierte Hübchen zuletzt als Erstunterzeichner der beiden offenen Briefe zur Ukraine-Politik von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer sowie des «Manifests für einen ausgewogenen Rundfunk». — In «Kundschafter des Friedens 2» (Regie Robert Thalheim) spielt er den ehemaligen DDR-Agenten Jochen Falk, genannt «James Bond der DDR». Ab Donnerstag im Kino. «–

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