01.12.2024 – Essay und Diskurs – Deutschlandfunk – Thorsten Jantschek — – Details
Claudia Gatzka
Demokratie — Wenn Bürger sich nicht repräsentiert fühlen — Parteien an den politischen Rändern werden stärker. Warum fühlen sich manche Menschen von der klassischen parlamentarischen Demokratie nicht gut vertreten? Ein Gespräch mit der Historikerin Claudia Gatzka.
Immer weniger Menschen fühlen sich in der klassischen parlamentarischen Demokratie angemessen repräsentiert. So erhalten die Parteien an den demokratischen Rändern stärkeren Zuspruch und politische Mandatsträger werden zur Zielscheibe des Unmuts. Aber Affekte dienen in der politischen Kommunikation auch dazu, die allzu geölte Maschinerie der repräsentativen Demokratie zu stören. Oft sogar im Dienst einer Vorstellung von Demokratie, die viel näher an den Wählerinnen und Wähler sein sollte als sie es in Wirklichkeit ist und historisch war. Denn schon in der alten Bundesrepublik ließ sich das Verhältnis von Repräsentanten und Repräsentierten als «Abwesenheitsdemokratie» beschreiben. Das politische System, aber auch konkret die Abgeordneten hatten sich von den Wählerinnen und Wählern entfernt und den Kontakt überwiegend über die Medien hergestellt. Welche Rolle spielt dies alles noch im wiedervereinigten Deutschland? Wie ist es um die Kommunikation zwischen Politikerinnen und Politikern und den «normalen» Menschen bestellt?Und die Frage ist, ob der zunehmend lautstark geäußerte Unmut und das gegenwärtige Gefühl der Nicht-Repräsentation nur einen Mangel der realen Repräsentationsverhältnisse in unserer Demokratie betreffen, also etwa zu wenig Ostdeutsche im Bundestag, zu wenige aus der unteren Mittelschicht oder aus Mint-Berufsfeldern, et cetera. Oder betrifft die Stimmung, nicht angemessen repräsentiert zu werden, die Repräsentationsfähigkeit unserer Form von Demokratie insgesamt?Claudia Gatzka, Jahrgang 1985, leitet seit 2020 das Forschungsprojekt «Verborgene Stimmen der Demokratie». Sie ist Historikerin an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, und unter vielem anderen Kolumnistin für die Zeitschrift Merkur sowie Mitherausgeberin des Archivs für Sozialgeschichte. 2019 erschien «Die Demokratie der Wähler. Stadtgesellschaft und politische Kommunikation in Italien und der Bundesrepublik 1944- 1979» und für Ende des Jahres ist das Buch «Demokratie und Diktatur» angekündigt.
Ein korrektes Passwort ist erforderlich.