Abgründige Lieder – Milva canta Brecht, Brigitte Fassbaender singt Hugo Wolf

19.10.2024Le week-endÖ1Elke Tschaikner und Christian Scheib —   –  Details

Milva

Brigitte Fassbaender trifft Milva — Zweimal «Grande Dame» heute in le week-end und beide werden uns ordentlich herausfordern. Ob sich die beiden großen Künstlerinnen je getroffen haben, wissen wir nicht. Es ist so unwahrscheinlich, wie es auch hätte stattfinden können. Die Sängerinnen Brigitte Fassbaender und Milva treffen einander heute in «le week-end». — Auch wenn es sich um zwei selbstbewusste «Grande Dames» handelt, sie holen sich für ihre musikalischen Vorlagen Männer ins Boot, eben Hugo Wolf und Bertolt Brecht. Aber die Zusammenhänge sind noch komplexer: Hugo Wolf wiederum braucht die Gedichte des Poeten Eduard Mörike, um 1888 in einem kalten Winterdomizil in einen wahren Schaffensrausch zu verfallen. Bertolt Brecht wiederum brauchte Komponisten wie Kurt Weill und Hanns Eisler, damit seine Texte den richtigen Ton finden — Die Sängerin Milva war mit ihrer ersten Teilnahme beim San Remo-Lieder-Wettbewerb im Jahr 1961 zum Star geworden, hatte aber schnell begonnen, ihrer Schlagerkarriere eine sehr spezielle, politisch linkslastige und künstlerisch die Herausforderung suchende Richtung zu geben. Schon seit Mitte der 60er Jahre spielt und singt sie bei Giorgio Strehler am Piccolo Teatro in Mailand und dort standen legendär gewordene Brecht Aufführungen auf dem Programm. 1956, kurz vor seinem Tod, schreibt Bertolt Brecht der Belegschaft dieses Theaters einen Brief, nachdem er Giorgio Strehlers Inszenierung der Dreigroschenoper gesehen hatte: «Lassen Sie mich noch einmal für die exzellente Aufführung meiner Dreigroschenoper danken,» schreibt Bertolt Brecht, «die sie unter ihrem großen Regisseur gegeben haben. Feuer und Kühle, Lockerheit und Exaktheit zeichnen diese Aufführung vor vielen aus, die ich gesehen habe.» Und dann lädt er die italienische Theatertruppe zu sich nach Berlin ein an jenes Theater, an dem die Dreigroschenoper uraufgeführt worden war. In diesem Umfeld lernte Milva ein paar Jahre später die Kunst von Brecht, Weill und Eisler kennen und blieb der Interpretation dieser Lieder über Jahrzehnte treu. — Keine und keiner singt wie Brigitte Fassbaender: Sie formt und färbt ihre Vokale stets sinnlich und intelligent, so dass sich mit jedem dieser Vokale, einem einzelnen a oder einem o, wenn sie uns ausgerechnet anhand des Klanges eines solchen «a» oder «o» etwas erzählen will, ganze Gefühls- und Gedankenwelten öffnen. Seit 1995 singt Brigitte Fassaender nicht mehr öffentlich, seither hat sie über 80 Inszenierungen als Regisseurin auf die Bühnen gebracht, wirkte als Intendantin und Autorin.

 
 

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