02.09.2024 – Punkt eins – Ö1 – Johann Kneihs — – Details
Zypern Szene
Die Insel in der EU vor der Küste des Nahen Ostens. Gast: Dr. Hubert Faustmann, Professor an der Fakultät für Politik und Staatsführung, Universität Nikosia & Mag.a Elena Ioannidou Ortner, Politikwissenschaftlerin. — Die Republik Zypern bereitet sich auf Evakuierungen aus dem Libanon und Israel vor. Außenminister Konstantinos Kombos sprach vor Kurzem von der Möglichkeit, «eine große Zahl von Menschen aufzunehmen, vorausgesetzt, dass die Betreffenden bald wieder in ihre Heimatländer ausreisen.» Zypern habe bereits bei früheren Krisen im Nahen Osten vorübergehend Menschen aufgenommen, beim Libanonkrieg 2006 seien es 60.000 gewesen; im Raum der Hafenstadt Larnaka seien bereits Betten in Schulen aufgestellt worden. — Der Präsident der international nicht anerkannten Republik Nordzypern, Ersin Tatar, bezeichnete dieses Hilfsangebot als unverantwortlich, denn so werde Zypern zum Ziel von Vergeltung aus dem Nahen Osten, und der Präsident der Republik Zypern, Nikos Christodoulidis, beteilige sich damit an israelischen Verbrechen, kritisierte Tatar – eine Kritik, die wiederum Vertreter der Republik Zypern als haltlos zurückwiesen, es gehe um humanitäre Hilfe. — Die drittgrößte Insel des Mittelmeers liegt weniger als hundert Kilometer von der syrischen Küste und eine halbe Flugstunde von Beirut. Die Auseinandersetzung um das Hilfsangebot erinnert allerdings an die komplexe Situation auf der Insel. Im Sommer 1974 eroberten und besetzten türkische Truppen nach erbitterten Kämpfen gegen griechisch-zyprische Verbände den Nordteil Zyperns. Die Vertreibung und Flucht zehntausender griechischer Zypriot:innen in den Süden und türkischer Zypriot:innen in den Norden war die Folge. 1983 wurde die Türkische Republik Nordzypern ausgerufen, aber nur von der Türkei anerkannt. — Vor zwanzig Jahren, im Mai 2004, trat Zypern der Europäischen Union bei – völkerrechtlich die gesamte Insel, de facto nur die Republik Zypern, der südliche Teil – nachdem kurz davor ein Plan der UNO zur Lösung des Konflikts von einer Mehrheit im Nordteil der Insel angenommen, im Süden aber abgelehnt worden war. Seither ist die Republik Zypern sowohl der Fläche wie der Bevölkerung nach der drittkleinste Staat der EU – und aufgrund seiner Finanzvorschriften begehrter Firmenstandort wie auch Zuflucht wohlhabender Menschen vor allem aus Russland. — Wie denken und sprechen Menschen auf Zypern zwanzig und fünfzig Jahre nach den Ereignissen darüber? Wie beurteilen Jüngere und Ältere die Chancen und die Notwendigkeit, die Teilung eines Tages zu beenden? Und die aktuelle Situation in Nahost betreffend: Wie ist das nahe gelegene Zypern für seine Rolle als Zufluchtsort aufgestellt? — Zu Gast sind der Historiker Hubert Faustmann, der seit über 25 Jahren auf Zypern lebt und forscht – er lehrt an der Univerität Nikosia und leitet das Landesbüro der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung – und die Politikwissenschaftlerin und ehemalige Unternehmerin Elena Ioannidou Ortner.
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