02.09.2024 – Gedanken für den Tag – Ö1 – Alexandra Mantler — – Details
Anton Bruckner
Martin Sieghart, Dirigent und Autor zum 200. Geburtstag des Komponisten — ch war zarte 13 Jahre alt, als man mich zum ersten Mal mit Bruckner bekannt machte. — Meine Eltern besaßen ein Philharmonisches Abonnement, aber mein Vater war an jenem Samstag verhindert. Also beriet man mit einem befreundeten Philharmoniker die Situation, und ob es denn überhaupt denkbar wäre, dem jungen, begeistert Klavier spielenden Sohn Bruckners 8. zuzumuten. Und ob man da nicht mehr zerstören könnte, als es dem Talent förderlich wäre. — Man entschied für den Besuch, und so kam ich also zu der Ehre, als Jüngster weit und breit dieses großartige Werk zu hören. Ich schlief nicht ein, das weiß ich noch. Ich begann auch nicht, das Programmheft zu zerlegen, um Papierschiffe zu basteln und damit Nachbarn zu stören: Ich habe nichts verstanden und alles wie eine Droge in mich aufgesogen. Konnte nicht erklären, was mich so kindlich erschüttert hatte, aber ich erinnere mich, dass ich am Montag drauf meine Eltern um ein wenig Geld bat und damit in ein Plattengeschäft ging und tatsächlich, im Preis herabgesetzt, eine reichlich knarrende Aufnahme der 9. fand. — Daheim erlebte ich dieselbe Erschütterung, verstand noch weniger als bei der 8., was nicht verwundert, wenn man die beiden Symphonien vergleicht. Aber es wurde mir klar, dass ich diesen unergründbaren Meister Bruckner wohl ein Leben lang begleiten möchte: Wenn er es nur zuließe. Er hat wohl in seiner, mit Kindern hilflosen Art irgendetwas halb Freundliches gemurmelt, also ja gesagt. Dass die Beschäftigung mit seinem Werk einmal mein musikalisches Leben bestimmen würde, war da noch lange nicht ausgemacht.
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