In memoriam Peter Eötvös / ORF Radio-Symphonieorchester Wien

04.06.2024Musikverein Festival ‹Courage› 2024Ö1Philipp Weismann —   –  Details

Peter Eötvös

Musikverein Festival ‹Courage› 2024 — ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Dirigent: Maxim Pascal; Xavier de Maistre, Harfe. Richard Wagner: Siegfried-Idyll; Peter Eötvös: Konzert für Harfe und Orchester (ÖEA); Peter Eötvös: Reading Malevich; Béla Bartók: Der wunderbare Mandarin. Pantomime in einem Akt op. 19 (Live-Übertragung aus dem Großen Musikvereinssaal in Wien in 5.1 Surround Sound)

Mit Peter Eötvös ist vor wenigen Wochen ein ganz Großer von uns gegangen: Als Komponist, Dirigent und Pädagoge prägte er die Musikgeschichte Europas nach dem zweiten Weltkrieg wie wenige andere. Für das ORF Radio-Symphonieorchester Wien war er wertvoller Begleiter in allen drei Professionen – das Orchester brachte nicht nur regelmäßig neue Werke aus seiner Feder zur Aufführung, sondern verpflichtete Peter Eötvös auch zwei Jahre lang als ersten Gastdirigenten. — Das RSO Wien und der Musikverein Wien haben das schon länger geplante Konzert im Juni nun seinem Gedenken gewidmet. In seinen Werken und in der Musikauswahl ist viel von Peter Eötvös› Wesen zu erkennen, den Taktstock wird an diesem Abend Maxime Pascal übernehmen. — In Reading Malevich – einem Auftragswerk des Lucerne Festival – übersetzt Peter Eötvös Bilder in Töne und Klänge. Er wählt für Kazimir Malevichs Werk Suprematismus No. 56 in seiner Komposition zwei Leserichtungen: Die an Strahlen aufgefädelten geometrischen Figuren erklingen in horizontaler und vertikaler Reihenfolge. Dabei ist ihm wichtig, die Formen zu erhalten und die Farben zu übernehmen: Jeder geometrischen Figur sind spezifische Instrumente und Klänge zugeordnet. — Deutlich lyrischer erklingt die zweite Komposition von Peter Eötvös an diesem Abend. Die Noten seines Harfenkonzerts, das er dem Solisten Xavier de Maistre auf den Leib geschrieben hat, sind beinahe noch druckfrisch; erst im Jänner 2024 wurde es vom Orchestre Philharmonique de Radio France uraufgeführt. Nun folgt die österreichische Erstaufführung im Musikverein Wien. — An den Beginn des Werks stellt Eötvös eine Kadenz, in der sich die Harfe mit typischen Arpeggios, Läufen und modernen Spieltechniken vorstellt. Mit einer rhythmischen Überleitung wird das Orchester zum Mitspielen eingeladen, es entspinnt sich ein freundlicher Dialog, in dem die Orchesterinstrumente das Harfenspiel imitieren und kontrastieren. Der zweite Satz, Hommage à Ravel, wird mit einer schraubenden Aufwärtsbewegung der Hörner im Vierteltonabstand eröffnet. Eine geheimnisvoll-traumhafte Stimmung bleibt den ganzen Satz über erhalten, die Vierteltöne tauchen am Ende auch in den Harfen-Solostellen auf. Kraftvoll und lebhaft schließlich der dritte Satz, an dessen Ende Peter Eötvös eine Art Antikadenz stellt: — No chords, no melody, no citation.» — Umrahmt werden Peter Eötvös› Werke von zwei kontrastierenden Stücken: Zum einen von Richard Wagners lyrischem Siegfried-Idyll, einem musikalischen Geburtstagsgeschenk für seine Frau Cosima, zum anderen von Béla Bartóks bitterbösen Tanzpantomime Der wunderbare Mandarin. — Als Vierjähriger habe ich Bartók durch kleine Klavierstücke kennen gelernt», so Eötvös. — Meine musikalische Muttersprache ist Bartók, damit hab ich angefangen.» Und mit Bartók endet auch dieses Konzert in Memoriam eines ganz Großen. —

 
 

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