18.03.2024 – News – Zeit Online – Christina Rietz — – Details
Julian Prégardien
Ein Gespräch mit dem deutschen Tenor Julian Prégardien über die Matthäus- und die Johannes-Passion, Gipfelwerke der geistlichen Musik — DIE ZEIT: Herr Prégardien, stellen Sie sich vor: Sie sitzen auf der Bühne. Der Eingangschor der Johannes-Passion geht los. Die Musik schwillt langsam an und legt sich wie zwei würgende Hände um das Publikum. Nach einer Minute drei messerscharfe Rufe des Chors: — Herr! Herr! Herr!» Was spüren Sie, wenn Sie diese unheimliche Musik hören? — Julian Prégardien: Wenn ich diese Musik höre, sehe ich eine Szene aus dem ersten Fluch der Karibik vor mir: Ein Pirat ist auf den Meeresgrund gesunken und läuft dort entlang. Wann immer ihn das Mondlicht trifft, verwandelt er sich in ein Skelett. Er ist tot und nicht tot. Der verklärte Jesus der Johannes-Passion kommt mir vor wie dieser Pirat. Er trägt eine Dornenkrone, ein Heer von Gläubigen schreitet im Dunkeln hinter ihm her, er reißt sie mit. Sie rufen ihn an: — Herr! Herr! Herr!» Das ist martialisch und gewaltig. — Julian Prégardien, fotografiert im Limburger Dom. Hier sang er einst im Knabenchor der Limburger Domsingknaben.
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