28.01.2024 – News – Berliner Zeitung – Thomas Fasbender, Gabor Stier — – Details
Sergej Karaganow
Die Bruchlinien in der Welt vertiefen sich —Er ist die umstrittenste, schillerndste Gestalt unter den russischen Politikberatern; die Berliner Zeitung hat sich wiederholt mit ihm beschäftigt: Sergej Karaganow, Lehrstuhlinhaber an der Wirtschaftshochschule Moskau und seit 30 Jahren Vorsitzender des Moskauer Rats für Außen- und Verteidigungspolitik.
So brillant wie elegant, eitel in der Pose des gnaden- und gewissenlosen Machiavellisten und bewaffnet mit einem Lächeln zwischen Fuchs und Schlange. Bis zum russischen Einmarsch in der Ukraine war er ein oft (und gern) gesehener Podiumsgast im westlich-russischen Konferenzreigen. Nachdem er seinem Präsidenten 2023 den nuklearen Erstschlag empfohlen hatte, verhängte die EU ein Einreiseverbot. — Seit den ersten Tagen des neuen Russlands nach 1990 gehört der habilitierte Geopolitik-Experte und einstiger Journalist mit Schwerpunkt Afghanistan zum engsten Beraterkreis des Kreml und des Außenministeriums. Er ist ein Vordenker Putin›scher Außenpolitik: Russland als Schutzmacht der Auslandsrussen, als Macht mit dem Anspruch auf Einflusssphären, als Gegenpol westlicher Dominanz und, seit einigen Jahren zunehmend, als Motor einer autoritär-asiatischen, nicht-europäischen Zukunft.
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Kann Russland den Krieg gewinnen? Und was würde ein Sieg bedeuten? — Mit Sieg meine ich, dass es in Europa Frieden gibt und Russlands Sicherheit gestärkt wird. Sieg bedeutet nicht die Zerstörung der Ukraine. Im Krieg gibt es aber auch Verlierer. Der größte Verlierer, neben der Ukraine, ist Europa. In mancher Hinsicht auch Russland, weil im Krieg Russen sterben. Russland ist jedoch Gewinner in dem Sinn, dass es vor unseren Augen stärker wird, moralisch, spirituell, aber auch wirtschaftlich und politisch.
Und die Welt, wohin entwickelt die sich? Wie wird sie im Jahr 2030 aussehen?
Blicken wir noch ein wenig weiter in die Zukunft. Die Transformation der Welt wird bis 2030 nicht abgeschlossen sein. Aber ich sage voraus, dass sie um das Jahr 2045 vielfältiger, zivilisierter, freier, gerechter und ohne Hegemonen sein wird. Schade, dass ich das nicht mehr erleben werde.
Inwieweit gerechter?
Auf jeden Fall gerechter als die derzeitige.
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