08.02.2024 – Stimmen hören – Ö1 – Chris Tina Tengel — – Details
Sigiswald Kuijken
Vor allem Wiener Klassik, «durchlüftet» von Sigiswald Kuijken. — Der im Rückblick so rasante Aufschwung der damals sogenannt «historischen Aufführungspraxis» ab den 1970er Jahren, der ein Nischenphänomen zu einer Epochenströmung werden ließ, nahm viel Schwung aus den Niederlanden mit. Dort machten die drei Brüder Kuijken von sich reden: Wieland (Gambist), Barthold (Travers-Flötist) und Sigiswald (Pionier der Barockgeige). Als 1972 Gustav Leonhardt für Plattenaufnahmen französischer Barockmusik ein größeres Instrumentalensemble benötigte, schlug die Geburtsstunde von «La Petite Bande». Deren Primus Sigiswald Kuijken wiederum rutschte mit der Zeit, neben dem Solospiel, kammermusikallscher Tätigkeit und intensivem Unterrichten, ebenfalls ins Dirigieren, ohne dies jedoch speziell zu forcieren. So blieb Kuijken neben Kollegen mit ähnlichem Werdegang, die irgendwann nur mehr am Dirigentenpodium agierten, ein Außenseiter, dafür aber mit speziellem, immer dem kammermusikalischen Denken verpflichteten Ansatz. (Stimmig, dass Sigiswald Kuijken in seiner Beschäftigung mit den Kantaten Johann Sebastian Bachs auch Chorisches solistisch besetzt.) — — Wenn «La Petite Bande» und Sigiswald Kuijken, bevorzugt mit Niederlande-lastiger Gesangs-Equipe, die Haydn-Oratorien oder Mozarts drei da-Ponte-Opern musiziert, fehlt der Tempodruck, den sich viele andere «Originalklang»-Formationen auferlegen. «Traditionell» gepolte Ohren werden somit nicht verstört, doch umso bestrickender, «duftiger», kommt der instrumentale Farbenreichtum zur Geltung. (Übrigens hat Sigiswald Kuijken in seiner dirigentischen Frühzeit auch noch mit René Jacobs in dessen Ur-Profession als Countertenor musiziert, was wiederum als ein «apropos» Erinnerungen an den 2023 verstorbenen Herbert Handt ins Spiel bringt, den Tenor für Mozart und Alte Musik, der später als Dirigent zum Belcanto-Freak wurde.)
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