20.12.2023 – News – Zeit Online – Mascha Stanzel — – Details
Tay 13
Von wegen Pech: Taylor Swifts Glückszahl ist die 13. — Christine Lemke-Matwey hat hier vergangene Woche die These aufgestellt, dass wir Taylor Swift dringend brauchen (ZEIT Nr. 53/23). Das sehe ich auch so. Doch warum überrascht es mich nicht, dass sie mit der musikalischen Mittelmäßigkeit Swifts argumentiert? Es ist ein gängiges Schema der Boomer-Generation, so den Erfolg heutiger Popstars zu erklären. Dem möchte ich widersprechen.
Musik, heißt es, habe früher mehr Inhalt, mehr Substanz, mehr Klasse gehabt. Genau das aber besitzen Taylor Swifts Songs: Klasse und Authentizität. Ich frage mich, unter welchen Prämissen Musik eigentlich bewertet wird. Beethoven war ein krasser Typ, das wissen wir Millennials, und dass die Beatles nicht nur geniale Songs geschrieben haben, sondern auch echt nervige und eintönige, wissen wir auch. Der Punkt ist: All diese sakrosankte Musik stammt von Männern. — Nadia Shehadeh, Soziologin und Popexpertin, sagt, wie es ist: Taylor Swift, Britney Spears und Co. bekommen endlich die Anerkennung, die sie verdienen. Viele Musik-Connaisseure nehmen diese jungen Frauen nach wie vor nicht ernst. Das ist ein Fehler und vor allem: ein Verlust. — In Taylor Swifts Songs erkennen wir uns selbst, das, was wir erleben und fühlen. Taylor Swift erzählt Geschichten, die wie Wunderkerzen funkeln. In der Popmusik gibt es gerade kein vielseitigeres und reicheres Gesamtkunstwerk als ihres. Von Little Taylor hat sich diese Frau zu ihrer eigenen Legende hochgearbeitet, sich ständig neu erfunden und für die Rechte an ihrer Musik gekämpft. Das ist großartig. Vielleicht fühlen sich ihre Leistungen so nahbar an, weil Swift ein weibliches Idol ist, das, anders als ihre Vorgängerinnen, nicht betont rebellisch auftritt (Madonna), drogensüchtig ist (Janis Joplin, Amy Winehouse) oder im Schatten eines mächtigen Mannes steht (viele). Sie ist einfach Taylor Swift.
Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 54/2023. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen.
Ist sie zu angepasst, zu berechnend, zu kommerziell? Vielleicht. Aber egal. Sie ist zuallererst ein Popstar und ein verdammt genialer dazu. Wir Millennials müssen unseren Eltern nicht zeigen, wie rebellisch wir sind, die nehmen uns oft eh nicht ernst. «So call it what you want, yeah, call it what you want», um Tay Tay zu zitieren. Wir kuscheln uns gerne unter die Decke ihrer Lyrics und tanzen zu ihren Beats – mit offenem Herzen und wachem Verstand, so wie sie es tut. — Seitennavigation —
SK-reko-23news