Back to School! – Lernen üben, Römisch III

23.09.2023le week-endÖ1Elke Tschaikner und Christian Scheib —   –  Details

Leopold Mozart

Der durchschlagende, europaweite Erfolg von Leopold Mozarts «Versuch einer gründlichen Violinschule» aus 1756 hat vermutlich auch damit zu tun, dass er die Errungenschaften der italienischen Zeitgenossen und Violinvirtuosen zusammenfasste und verbindlich internationalisierte. Lange Jahrzehnte davor gab es überall sich unterscheidende, regionale Schulen. Die Berliner Schule sowieso, aber eben auch eine Salzburger Schule mit Heinrich Ignaz Franz Biber und Georg Muffat, auch eine zeitgleiche Wiener Schule, von den italienischen und französischen Regionalschulen einmal ganz abgesehen. — Leopold Mozarts Violinlehrbuch wird nicht nur in andere Sprachen übersetzt, es erscheinen auch sofort vereinfachte Fassungen für Anfänger und Laien. Mozarts Original ist nämlich nicht nur geigentechnisch extrem virtuos, es spart auch nicht mit ausführlicher Kulturtheorie. «Der Einleitung zweyter Abschnitt: Von dem Ursprunge der Musik und der musikalischen Instrumente» lautet die Überschrift auf Seite 10. Und dann holt Leopold Mozart weit aus, von der griechischen Mythologie bis zu alttestamentarischen Beobachtungen reichen Mozarts Belegstellen bei der Schilderung der Mutmaßungen über frühe Entwicklungen der Musik, immer auch deren mangelnde Verlässlichkeit bedenkend. Und die Instrumente sind vorerst noch «Klingzeuge». Zitat aus Leopold Mozarts Lehrbuch:

«Die Klingzeuge der Musik betreffend, bekennen die Autoren die Ungewissheit wie folgt: Bey der Verehrung des von Nebukadnezar aufgerichteten Bildes erwähnet der Prophet Daniel der Posaunen, Trompeten, Harfen, Psalter, Lauten und allerley Saitenspiel. Wir wollen aber dem Leser nicht gut dafür seyn, ob die hier angedeuteten Instrumente eben auch so ausgesehen haben, wie diejenigen, die wir heut zu Tage so nennen».»

Sobald Leopold Mozart einige Seiten später dann aber in historisch besser abgesicherte Geschichtsregionen kommt, mit historischen Figuren, deren Wirken auch zuschreibbar ist, ändert sich Mozarts Tonfall. Er beschreibt die Errungenschaften Pythagoras samt der damit einher gehenden Schwierigkeiten, die Saiten richtig zu stimmen. Dann aber, Zitat:

«Es kam aber auch bald zu einem musikalischen Krieg: Denn nach dem Pythagoras kam Aristoxenos von Tarent, ein Schüler des Aristoteles. Und da jener, also Pythagoras, alles nach Ratio und Proportion, dieser, also Aristoxenos, aber alles nach dem Ohr untersuchte, erwuchs ein langwieriger Streit, welcher endlich durch den Vorschlag beygelegt wurde, dass Vernunft und Gehör zugleich urtheilen sollen. Die Ehre dieser Vermittlung wird von einigen dem Ptolemäus zuerkannt.»

Leopold Mozart als jahrhunderte überspannender Musiktheoretiker. Da sind wir also schon wieder, wie auch letzte Woche, beim leidigen Problem der differierenden Stimmungssysteme gelandet. Leopold Mozarts Geschichts- und Theorieexkurs führt dann übrigens noch über Boethius zu Guido von Arezzo, um schlussendlich bei seinen Zeitgenossen Marpurg und Quantz zu landen. Also Friedrich Wilhelm Marpurg, Hauptvertreter der Musikliteratur zu Zeiten der frühen Aufklärung, und Johann Joachim Quantz, jenem Flötenlehrer, den wir schon aus den letzten beiden le week-end Ausgaben kennen. Ein paar Jahre später schreibt Leopold Mozart ein delikat sprudelndes Trio für Klavier, Violine und Violoncello und lässt in eine «Cassatio», einem Divertimento, allerlei Geräuschinstrumente auftreten.

 

 
 

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