22.07.2023 – Lange Nacht – Deutschlandfunk – Michael Reitz — – Details
Gabriele D’Annunzio
Politisch motivierte Literatur ist so alt wie das schriftstellerische Handwerk. Sympathie für einen Aufstand der Massen und Teilnahme an Revolutionen gegen die herrschende Ordnung durchaus verbreitet. Neu im 20. Jahrhundert sind jedoch Autoren, die für militante und extremistische Ziele die Grenzen der Legalität überschreiten. Beispiele: Gabriele d›Annunzio gilt als einer der Wegbereiter des italienischen Faschismus. Der gefeierte Autor besetzte mit seiner Freiwilligentruppe 1919 Fiume und hegte Umsturzpläne für Italien. Ernst von Salomon war an der Ermordung des jüdischen Politikers Walter Rathenau beteiligt und saß dafür fünf Jahre im Zuchthaus. Auf Anregung Ernst Rowohlts veröffentlichte er 1930 «Die Geächteten», einen Roman über das Freikorps. Salomon sympathisierte mit dem «linken» Flügel der SA unter Ernst Röhm. Yukio Mishima gilt als einer der brillantesten Schriftsteller der japanischen Nachkriegsliteratur. Er gründete eine paramilitärische Miliz und unternahm 1970 einen Putschversuch, der scheiterte. Er beging nach Art der Samurai Selbstmord. Sahen diese Autoren den Handstreich als eine Verstärkung ihrer künstlerischen Rolle, als folgerichtige Notwendigkeit eines tätigen Schriftstellertums? Was macht den Schriftsteller zum Putschisten, zum Umstürzler – auch aus Sicht heutiger Autorinnen und Autoren? — (Wdh. v. 7./8.11.2020)
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