02.05.2023 – News – Berliner Zeitung – Cornelia Geißler — – Details
Adolf Endler
Am Dienstag erinnern Schriftstellerinnen im Berliner Haus für Poesie an ihren Kollegen Adolf Endler, den «melancholerischen Heilgiftmischer». — Jedes Mal, wenn man etwas von Adolf Endler liest, sagte der Dichter Wolfgang Hilbig in einer Preisrede für seinen Kollegen, «glaubt man, man müsse sich augenblicklich totlachen. Doch dann merkt man plötzlich, dass man schon tot war und dass man sich wieder lebendig gelacht hat.» Diese Einschätzung der Gedichte und Prosa von Adolf Endler (1930–2009) kann man auch als Gebrauchsanweisung für das Heft 238 der Zeitschrift Text + Kritik nutzen und für den Dienstagabend im Haus für Poesie. Beide sind Endler gewidmet. — Als junger Mann aus Düsseldorf in die DDR gekommen, erlebte Endler seine Anfänge als veröffentlichter Dichter in einer Phase des literarischen Aufbruchs. Wie Karl Mickel und Volker Braun, Sarah Kirsch und Elke Erb schrieb er in großer Verantwortung für die Sprache, für die Kunst und kollidierte bald mit den politischen Erwartungen. Vor allem der schwarze Humor und eine Hypersensibilität für die absurde Komik der Verhältnisse zeichneten sein Schreiben aus. — Trotzes halber Poesie — Jemand, der die «Zipfelmütze im Panzerschrank der Geschichte» entdeckt, der sich das «anklägerische Kikeriki-Gemurmel» abwäscht, an dem perlte sozialistisches Pathos genauso ab wie eine revolutionäre Selbstbeweihräucherung der Wendezeit. Endler, der seinen Vornamen mied und lieber Eddy war, sich in seinen Texten in andere Figuren mit ulkigen Bezeichnungen wie Bubi Blazezak und Bobbi «Bumke» Bergermann verwandelte, verdrehte die Realität «Trotzes halber» in Poesie. Er erfand Worte neu und sortierte Zusammenhänge um, man könnte ein Lexikon mit seinen Schöpfungen füllen.
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