25.02.2023 – Lange Nacht – Deutschlandfunk – Stefan Zednik — – Details
Marie Götze
Das Stimmfach «Alt» gilt als das am wenigsten beachtete, das am wenigsten geliebte der Opern- und Konzertliteratur. Mit «Carmen» steht zwar an der Spitze der beliebtesten Werke des Musiktheaters eine Oper mit einer Titel-Protagonistin mit tiefer Frauenstimme, doch danach folgt lange nichts. Altistinnen stellen in der Oper keine Sympathieträgerinnen dar, sie verkörpern meist Hexen, Wahrsagerinnen, romantisierte Zigeunerinnen, hässliche und boshafte Frauen, Vertreterinnen einer rigiden Moral oder psychisch desorientierte Menschen, meist älteren Jahrgangs. Es sind vor allem «Anti-Heldinnen», ihre Funktion ist es meist, den anderen – vor allem den Sopranen und Tenören – Böses zu tun. Der Blick auf diese Rollen und ihr musikalisches und dramaturgisches Umfeld erfolgt nicht allein von musikwissenschaftlicher Seite, sondern wird durch die persönliche Sicht zweier Altistinnen erweitert. Hanna Schwarz war viele Jahre eine der weltweit profiliertesten Vertreterinnen dieses Fachs, sie sang etwa die «Fricka» in Richard Wagners «Ring des Nibelungen» in der sogenannten Jahrhundertinszenierung von Patrice Chereau. Die Altistin Renée Morloc, Mitglied der Deutschen Oper am Rhein, erzählt, wie sich in ihrer Wahrnehmung ihr eigenes Leben (sie verbrachte die ersten Jahre ihres Lebens in einem Säuglingsheim, wuchs dann in einem musikfeindlichen Haushalt bei Adoptiveltern auf) mit bestimmten Rollen des Fachs «verbindet» – wie sich der starke Wunsch, das eigene Schicksal zu spiegeln, gerade in jenen Rollen realisieren lässt, die «Böses tun». Ergänzt wird der Streifzug durch die Abgründe dieser Figuren mit Analysen der Opernregisseurin Kirsten Harms, ehemals Intendantin der Deutschen Oper Berlin. —
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