27.12.2022 – News – Focus Online – Details
Gustav Gressel
Politikwissenschaftler Gustav Gressel, spezialisiert auf sicherheitspolitische und militärstrategische Fragen mit Fokus auf Osteuropa und Russland, rechnet im Frühjahr mit einer weiteren, massiven Offensive der russischen Armee. — — Selbst ein neuerlicher Sturm auf Kiew sei nicht auszuschließen, obwohl ein russischer Erfolg, die ukrainische Hauptstadt einzunehmen, nahezu unmöglich sei. «Aber hat das die politische Führung kapiert und hat das Putin kapiert? Oder befiehlt er seiner Armee Angriffe auf Ziele, die jenseits ihrer praktischen Reichweite und Möglichkeiten liegen», sagte Gressel dem «Stern». Armeeführung und Politik müssten sich nicht unbedingt einig sein. «Die Alternative zur militärischen Unterstützung der Ukraine ist, in zehn Jahren selbst Krieg führen zu müssen, gegen ein Russland, das bei uns einmarschiert», so Gressel.
— Militärexperte erwartet zähe und blutige Gefechte — Entsprechend erwartet der Militärexperte weitere, zähe und blutige Gefechte, die die Entschlossenheit der Ukrainer eher weiter stärken denn schwächen würden. Ein Sieg der Ukraine sei am Ende nicht nur wünschenswert, sondern auch möglich – vorausgesetzt der Westen ringe sich dazu durch, die Ukraine verstärkt mit westlichen Waffen, allem voran dem deutschen Panzer Leopard II, zu unterstützen.
«Führungsriege traut sich nicht, über die geringste Hürde allein zu springen» — Gressel kritisiert die zögerliche Haltung der Führungsriege bei der EU und im Bundeskanzlerarmt. «Das Problem ist, wir haben es in Europa weitestgehend mit Hosenscheißern in politischen Führungsriegen zu tun, die sich aufgrund der nuklearen Disparität nicht trauen, über die geringste Hürde alleine zu springen», sagt Gressel. «Da muss der Amerikaner hergehen und sie an die Hand nehmen und eskortieren, so wie das bei kleinen Kindern der Fall ist.»
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