21.12.2022 – News – Zeit Online – Katharina Teutsch — – Details
Martin Amis
Interview — Der letzte Tag des sowjetischen Imperiums verlief verblüffend geräuschlos – bis auf eine Schrecksekunde.
— Am Morgen nach dem Untergang setzt sich Boris Jelzin mit seinen Getreuen um 8.30 Uhr ins Arbeitskabinett von Michail Gorbatschow und öffnet eine Flasche Whisky. Eben noch hat der russische Präsident den Schreibtisch des entthronten sowjetischen Staatsoberhaupts Gorbatschow durchforstet. Er wurde kurz laut, als er eine Schublade verschlossen vorfand. Jetzt essen sie Schnittchen aus dem Kreml-Buffet, belegt mit Wurst, Käse und Stör. Die Stimmung ist aufgekratzt. Gorbatschow kommt und wird sofort in ein Nebengelass umgeleitet. Sein Namensschild an der Tür ist schon abgeschraubt, persönliche Dinge hat ein Frühkommando in die Leibwächterstube verfrachtet. Gorbatschow sollte wegen der «paar Zettelchen nicht einen Monat vor sich hin packen», sagt Jelzin dazu später und befindet: «Lange Abschiede sorgen für überflüssige Tränen.»
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