10.12.2022 – News – Zeit Online – Michael Thumann — – Details
Stadtrand von Moskau
Sanktionen, Mobilmachung und jetzt auch noch der Öl-Importstopp: Wie die Wirtschaft unter Putins Krieg leidet.
Alltag am Stadtrand von Moskau — Wladimir Putin fährt regelmäßig von seinem Landsitz über den Kutusowski-Prospekt in den Kreml. Mit abgedunkelten Scheiben rast seine Aurus-Karosse bei hoher Geschwindigkeit über die achtspurige Straße und hält nie an. Sonst könnte Putin hier, beim Moskauer ZEIT-Büro um die Ecke, sehen, was seine Politik mittlerweile anrichtet. Jedes zweite Geschäft steht leer. «Zu vermieten!» steht an den vom Staub blinden Ladentüren. Wenige Menschen hasten im eisigen Wind vorbei. In dieser Gegend bei dem Luxushotel Ukraina und dem Amtssitz des russischen Premierministers wohnen Moskaus Gutverdienende. Aber offenbar nicht mehr gut genug. Ein Feinschmeckerladen und das Spesenritter-Restaurant Eataly haben im Oktober geschlossen. Der Edelsupermarkt Asbuka Wkussa am Kutusowski-Prospekt musste dichtmachen. Dafür hat beim nahen Kiewer Bahnhof eine Filiale der Billigkette Pjatjorotschka neu eröffnet.
— — Von wegen die Sanktionen wirken nicht. Russlands Krise ist in diesen frostkalten Wintertagen für alle unübersehbar. Die Phase nach dem Überfall auf die Ukraine, als die russische Regierung die Folgen von Krieg und Embargo durch hohe Öleinnahmen, Kapitalexportsperren und Währungsmanipulation ausgleichen konnte, ist vorbei. Nun brechen die Folgen von Sanktionen und Mobilmachung in den Alltag ein. Dabei haben sich der Öl-Importstopp der EU und der G7-Preisdeckel für russisches Öl von Anfang Dezember noch gar nicht ausgewirkt. Auch diese Sanktionen werden Russland hart treffen. Die russische Wirtschaft rutscht langsam, aber unaufhaltsam in eine tiefe Krise.
SK-