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Zeitlebens heiteres Kind / Nachruf auf Hans Magnus Enzensberger

25.11.2022NewstazJochen Schimmang —   –  Details

Hans Magnus Enzensberger

Hans Magnus Enzensberger ist gestorben. Er hatte eine Ader fürs Spielerische im besten Sinn und war ein ganz und gar geistesgegenwärtiger Autor.

 

«Spielen Schriftsteller eine Rolle? – Das ist zu befürchten.» So begann die erste der vier Frankfurter Poetikvorlesungen, die Hans Magnus Enzensberger 1964/65 gehalten hat. Dass der damals gerade 34-Jährige mit dieser Eröffnung auch von sich selbst sprach, versteht sich, auch wenn er im weiteren Fortgang der Vorlesung alle denkbaren Rollenzuweisungen für Schriftsteller ablehnt.

 

— Dieser Autor aber hatte von Beginn an kaum eine andere Möglichkeit, als eine Rolle zu spielen, und die erste hieß «zorniger junger Mann». Was die Briten hatten, damals in den fünfziger Jahren, hatte die alte Bundesrepublik spätestens 1957 mit dem Gedichtband «verteidigung der wölfe» auch, noch dazu in avantgardistischer Kleinschreibung, gefolgt von «landessprache» mit dem berühmten Titelgedicht.

 

— Als der zornige junge Mann sich nach seiner frühen Lyrik auch mit brillanten Essays zu Wort meldete, 1962 in dem Band «Einzelheiten» zusammengefasst, besetzte er das Fach des «kritischen Intellektuellen», und zwar lange Zeit auf einsamer Höhe. Das hat er bis zuletzt nicht verlassen, mag sich später der eine oder andere auch zu ihm gesellt haben.

 

— Hans Magnus Enzensberger führte, wie es sein erster Biograf Jörg Lau im Untertitel seines Buches treffend formulierte, fast von Beginn an «ein öffentliches Leben», auch wenn dieses paradoxerweise in der Grauzone des Schwarzmarkts begann, auf dem der Jugendliche in den Nachkriegsjahren aktiv war.

 
 

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